20090710


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Do, 03.Mär 2005
Literatur/Argentinien/Österreich/Neuerscheinung/Rezension "Die magische Vihuela" von Mosca Bustamante: Ein Argentinier in Wien Utl.: Seit 30 Jahren im "freiwilligen Exil" - Übersetzung des neuen Erzählbands erscheint in niederösterreichischem Kleinverlag vor spanischem Original (Von Markus Leiter/APA)
Wien (APA) - Der argentinische Autor Julio Cortazar beschrieb dasFantastische einmal als das Recht auf ein Spiel mit der Realität, dieGrenzen zwischen ihr und der Fantasie so zu verändern, bis sie nicht mehrunterschieden werden können. Dieses Recht nimmt sich auch sein seit 30Jahren in Wien lebender Landsmann Lidio Esteban Mosca-Bustamante in seinemneuen Erzählband "Die magische Vihuela" heraus, der in dem kleinenniederösterreichischen Vier Viertel Verlag erschienen ist. Mosca-Bustamanteschreibt auf Spanisch, doch meist lieJosef Haslinger: Ganz einfach: Es ist immer der erste Konjunktiv und nur, wenn dieser mit dem Indikativ identisch ist, nimmt man den zweiten. Wenn statt "Er habe ..." "Er hätte ..." da steht, obwohl es sich nur um die indirekte Wiedergabe einer indikativischen Aussage handelt, artikuliert der Erzähler seinen Zweifel.gen seine Bücher bereits in deutscherÜbersetzung vor, ehe sie in Lateinamerika erscheinen. Der 1947 geborene Schriftsteller verließ Argentinien 1975 nach brutalerFolter durch die Polizei freiwillig Richtung Österreich und war bis vorwenigen Jahren neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit als Radiologetätig. Julio Cortázar (1914-1984) ist in Hinblick auf das SchreibenMosca-Bustamantes der wichtigste Referenzpunkt. Cortazar, neben Borges derbekannteste argentinische Autor, war auch ein aktiver Unterstützer derschriftstellerischen Ambitionen seines jüngeren Landsmanns. Die beidenAutoren sind einander - trotz Unterschiede in Stil und Erzählweise - inihrer Programmatik des "Fantastischen Realismus" nicht unähnlich. "Die magische Vihuela" umfasst fünfzehn, thematisch nichtzusammenhängende Erzählungen, die seit 1975 entstanden sind. Exemplarischkann "Die Kunst des Springens" gelten. Die Erzählung handelt von einemMädchen, dessen Leben durch den alkoholkranken, gewalttätigen Vater zurHölle geworden ist. Ein Entrinnen vor dem Schicksal gibt es keines, von derMutter ist kein Schutz zu erwarten und einfach weglaufen kann das Mädchenauch nicht, dafür ist die Abhängigkeit von dem die Familie ernährenden Vaterzu groß. Was bleibt, ist der Rückzug auf sich selbst, auf die Fantasie: DasMädchen stellt sich vor, immer weiter und nach oben springen zu können undso die Szenerie gewissermaßen aus der Vogelperspektive zu betrachten,während sie in der Parallelwelt eine harmonische Tochter-Vater-Beziehungführt. Erst dadurch werden die Voraussetzungen geschaffen, es mit derRealität wieder aufnehmen zu können. "Man kann die Realität nur durch dieFantasie überwinden", lautet das Credo des Autors. Mit seinen Büchern ("Die Rechtfertigung", 1981, "Blumen für Agustina",1991, oder "Das Zeichen im Sand", 1997) ist Mosca-Bustamante inLateinamerika mitunter auf beachtliche Resonanz gestoßen. Doch er ist nichtnur ein argentinischer Schriftsteller sondern gewissermaßen auch einösterreichischer, der den Brückenschlag zwischen den Kulturen spielerisch zubewältigen versteht. Vor allem auch dann, wenn er - wie etwa in "DieMagische Vihuela von Oberradkersburg" oder "Die Verwandlung" (eine nichtbloß im Titel gesuchte Referenz an Kafka) - Versatzstücke österreichischerRealitäten nimmt und diese nach anderen als in der europäischenLiteraturtradition gängigen narrativen Schemata auflöst. So handelt etwa "Die Verwandlung" von einem Mann namens Herbert Dollfuß,der in der Steiermark lebt und von der Hexe Gertrude durch ein Ritual undmagische Getränke, denen unter anderem auch die "Kren-Wurzel" beigemischtist, in einen Spiegel verwandelt wird. Gegenüber dem Spiegels befindet sicheine Uhr, deren Sekundentakt zum Herzschlag des verwandelten Dollfuß wird.Als diese eingeht, ist es auch mit dem Spiegel vorbei - noch bevor sichdieser wieder verwandeln und im 20. Jahrhundert schließlich als EngelbertDollfuß in Erscheinung treten könnte. Die Zeit heilt hier keine Wunde, sieverhindert vielmehr, dass diese überhaupt erst entsteht.
(S E R V I C E - Lidio Esteban Mosca-Bustamante: "Die magische Vihuela".Übersetzung von Gerhard Giesa. 152 Seiten. Vier Viertel Verlag,3-902141-15-8, 16,50 Euro) (Schluss) mal/fwi/whl APA0232 2005-03-03/11:31 031131 Mär 05

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