20061007

Die magische Vihuela
Lidio Mosca-Bustamante
Erzählungen
Übersetzung aus dem Spanischen: Gerhard Giesa
Vier-Viertel-Verlag, Strasshof 2005, 151 Seiten
ISBN:3-902141-15-8

Es ist die magische, phantastische Welt der lateinamerikanischen Literatur in die uns Lidio Mosca-Bustamante, ein neues Mitglied im ÖSV, entführt, nicht nur mit seinem Erzählband „Die magische Vihuela“ sondern auch in seinen Romanen. An Julio Cortázar oder auch an Gabriel Garcia Márquez werden wir erinnert. Und doch geht Lidio Mosca-Bustamante seinen ganz eigenen Weg. Denn der gebürtige Argentinier (Jahrgang 1947), der 1975 das Land als politisch Verfolgter verlassen musste, lebt seither in Österreich und nimmt dieses Land, das ihm längst Heimat geworden ist, in sein Schreiben auf. So mischt er lateinamerikanische literarische Traditionen oder Themen gekonnt mit österreichischen, auch wenn er in spanischer Sprache schreibt und seine Texte ins Deutsche übersetzt werden.
In der Titelgebenden Erzählung des Bandes „Die magische Vihuela“ lässt Lidio Mosca-Bustamante tatsächlich die lateinamerikanische Welt auf die europäische treffen, wenn ein begabter argentinischer Musiker und seine schöne Musik in Österreich auf die letzten Auswirkungen des Hexenwahns geraten, der die Musik des Argentiniers zerstört, ja zerstören muss. Hier wird österreichische Geschichte aus argentinischer Sicht und mit den Mitteln des magischen Realismus der lateinamerikanischen Literatur erzählt.
“Ich … riskiere es, der Fantasie einen Freiraum zu geben, wobei aber immer die Wirklichkeit Kern der Handlung bleibt” schreibt Lidio Mosca-Bustamante dazu. Auch in „Deine Ankunft“ liegt der Reiz im Aufeinandertreffen zwischen Lateinamerika und Österreich, wenn eine Lateinamerikanerin in Wien Tango tanzen lernt.
Der Erzählband enthält 15 kurze, kleine Geschichten (nicht immer Kurzgeschichten), es sind meist Momentaufnahmen, teilweise voller Doppeldeutigkeit, phantastische Geschichten, in denen es Lidio Mosca-Bustamante gelingt, ganze Menschenleben einzufangen. In „Requiem für einen König“ wird eine verlorene Partie Schach zum Symbol für eine gescheiterte Beziehung, ja sogar für ein gescheitertes Leben. Ein philosophisches Bekenntnis des Autors ist die Erzählung „Sisyphus und die Relativität“, die das erstaunliche Zusammentreffen von Sisyphus mit dem Freigeist Suphysis beschreibt, für den es keine Götter gibt und dem es daher gelingt, den schweren Felsblock auf dem Gipfel zu platzieren.
Im Erzählband enthalten sind auch drei Kapitel aus dem Roman „Blumen für Agustina“, der die Weiblichkeit der Frauen und die Verführbarkeit der Männer zum Thema hat und ausnahmsweise ohne Bezug zu Europa auskommt. Der Roman bleibt ganz und gar in der lateinamerikanischen Welt verhaftet und zeigt damit vielleicht am deutlichsten den argentinischen Autor und seine wirklich bemerkenswerte blumige und gleichzeitig äußerst präzise Sprache.

Judith Gruber-Rizy

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